11. Juni 2025

Mehr arbeiten ohne Ausgleich?

So gefährdet der Bremer Senat die Zukunft des öffentlichen Dienstes in Bremen

  • 41 Stunden Woch in HB
    Mehr arbeiten ohne Ausgleich – so gefährdet der Senat die Zukunft des öD in Bremen

Keine Erhöhung der regulären Wochenarbeitszeit für Beamtinnen und Beamten auf 41 Wochenstunden!

Ob bei Bränden, in Notlagen, beim Schutz der öffentlichen Ordnung, bei der Bearbeitung von Steuererklärungen oder bei der schnellen Auszahlung von Bürgergeld – der öffentliche Dienst ist da, wenn Bremen und Bremerhaven ihn brauchen. Feuerwehrleute löschen Brände, Polizistinnen und Polizisten sorgen für Sicherheit auf unseren Straßen, Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte garantieren Steuergerechtigkeit und leisten durch zügige Bearbeitung von Steuererklärungen einen wichtigen Beitrag zur Haushaltsstabilität. Verwaltungsmitarbeitende kümmern sich verlässlich um Anträge auf Sozialleistungen, damit Bürgerinnen und Bürger schnelle und unbürokratische Hilfe erhalten.

Diese Funktionsfähigkeit ist kein Selbstläufer. Der demografische Wandel ist im öffentlichen Dienst
längst Realität: Tausende Beschäftigte stehen kurz vor dem Ruhestand und rund 550 000 Stellen
sind bundesweit unbesetzt. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Nachwuchskräfte zu
gewinnen. Der Wettbewerb mit der freien Wirtschaft ist hart – nicht nur wegen der Bezahlung,
sondern auch aufgrund der Arbeitsbedingungen. Schon heute bleiben auch in Bremen viele Stellen
unbesetzt, weil es schlicht an Bewerberinnen und Bewerbern fehlt.
Vor diesem Hintergrund ist die geplante Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Beamtinnen und
Beamte ohne Lohnausgleich ein verheerendes Signal. Sie ist nicht zeitgemäß, verschärft das
Personalproblem zusätzlich und macht den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber noch unattraktiver.
Während in der freien Wirtschaft vielfach flexible Arbeitszeitmodelle und eine bessere Work-Life-
Balance Standard sind, droht im öffentlichen Dienst nun ein Rückschritt. Das ist nicht nur unfair
gegenüber denjenigen, die tagtäglich den Betrieb unserer Gesellschaft am Laufen halten – es ist
auch gefährlich.
Denn wenn Stellen weiterhin nicht besetzt werden können, bedeutet das konkret: Es brennt – aber
die Feuerwehr kommt zu spät. Ein Notruf geht ein – aber niemand ist sofort erreichbar. Ein
Bürgergeld-Antrag wird gestellt – aber die Bearbeitung verzögert sich über Wochen. Eine
Steuererklärung liegt vor – aber sie bleibt unbearbeitet, weil Personal fehlt.
Dabei darf nicht vergessen werden: Die Beamtinnen und Beamten haben bereits in der
Vergangenheit erhebliche Sonderopfer geleistet. Bereits zum 1. Juni 1997 wurde ihre
Wochenarbeitszeit im Rahmen damaliger Haushaltskonsolidierungen von 38,5 auf 40 Stunden
erhöht – ebenfalls ohne jegliche finanzielle Kompensation. Dieser Verzicht war ein Beitrag zur
Stabilisierung der öffentlichen Finanzen. Eine erneute Mehrbelastung ohne Ausgleich stellt eine
doppelte Missachtung dieses früheren Entgegenkommens dar.
Darüber hinaus führt die geplante Maßnahme zu massiven sozialen Ungleichgewichten. Besonders
beamtete Teilzeitbeschäftigte, die häufig familiäre Verantwortung tragen – also überwiegend
Frauen – werden durch die Erhöhung der Wochenarbeitszeit benachteiligt. Wer seine Arbeitszeit
nicht erhöhen kann, bekommt im Verhältnis weniger Gehalt: Eine faktische Lohnkürzung. Das ist
nicht nur ungerecht, sondern auch ein Schlag gegen die Bemühungen um Gleichstellung im
öffentlichen Dienst.

Die sozialen Konsequenzen werden durch den geringen volkswirtschaftlichen Nutzen noch
verstärkt. Der Zugewinn durch eine zusätzliche Wochenarbeitsstunde fällt marginal aus – während
das Vertrauen der Beschäftigten schwindet und das Image des öffentlichen Dienstes als verlässlicher
und attraktiver Arbeitgeber weiter leidet. Das Verhältnis zwischen Aufwand und tatsächlichem
Ertrag steht in keinem Verhältnis. Stattdessen drohen Demotivation, innere Kündigung und
wachsender Frust bei den Beschäftigten – mit weitreichenden Folgen für die Arbeitsfähigkeit der
gesamten Verwaltung.
Anstatt strukturelle Probleme anzugehen, sollen die Beschäftigten nun die Versäumnisse der Politik
ausbaden. Ein besonders klares Beispiel zeigt sich in der bremischen Finanzverwaltung: Allein im
Mai gingen je Vollzeitäquivalent fast zwei Wochen Arbeitszeit durch EDV-Ausfälle verloren. Eine
stabile und moderne IT-Infrastruktur hätte nicht nur einen deutlich höheren Beitrag zur
Effizienzsteigerung geleistet als eine erzwungene Mehrstunde – sie wäre ein dringend notwendiger
Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit. Und das betrifft längst nicht nur die Finanzverwaltung: In
nahezu allen Bereichen der bremischen Verwaltung bestehen erhebliche Defizite bei der digitalen
Ausstattung, die tagtäglich zu Arbeitsverzögerungen, Frustration und Ineffizienz führen. Wer
wirklich etwas verbessern will, muss hier ansetzen – nicht bei den Arbeitszeiten der Beschäftigten.

dbb landesvorsitzender Olaf Wietschorke: „Der Staat darf sich nicht zurückziehen – weder
aus der Daseinsvorsorge noch aus seiner Verantwortung gegenüber den eigenen Beschäftigten.
Wer heute kürzt, spart morgen an der Sicherheit, der Gerechtigkeit und der
Handlungsfähigkeit des Staates“.

Wir fordern den Bremer Senat auf, diese Pläne zurückzunehmen. Der öffentliche Dienst
verdient Respekt – nicht Mehrarbeit ohne Ausgleich.
Sollte es unabdingbar sein die Erhöhung der Wochenarbeitszeit in Bremen zu erhöhen,
sollten zumindest soziale Komponenten wie beim Bund, in Hessen, Bayern oder Hamburg
Berücksichtigung finden!