27. November 2024

Amtsangemessene Alimentation und haushaltsnahe Geltendmachung

Antragstellung für das Haushaltsjahr 2024

  • Amtsangemessene Alimentation
    Amtsangemessene Alimentation

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

 

das Bundesverfassungsgericht hat mit zwei Beschlüssen vom 4. Mai 2020 festgestellt, dass die „Grundbesoldung“ im Land Berlin in den Jahren 2009 bis 2015 und die Besoldung ab dem dritten Kind in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2013 bis 2015 in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen waren. Über Inhalt, Gegenstand und Reichweite beider Verfahren hatte der dbb umfangreich berichtet und diese in den unterschiedlichen Gremien beraten.

 

Zu den Ablehnungsbescheiden der Performa Nord stellen wir zum Wochenende einen Musterwiderspruchsbescheid ein und werden eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Senator für Finanzen gegen Performa Nord einreichen.

 

Zwischenzeitlich haben alle Länder (bis auf Berlin) diese Rechtsprechung umgesetzt und entsprechende Gesetze verabschiedet. Diese sehen u. a. die Streichung der untersten Besoldungsgruppe und/oder Eingangsstufe, die Erhöhung der familienbezogenen Bestandteile bzw. die Einführung eines Familienergänzungszuschlags oder Alimentativen Ergänzungszuschlages gestaffelt nach Mietenstufen und/oder die Erhöhung der Sonderzahlung (für Kinder) vor. Vielfach findet zudem die Berücksichtigung eines (fiktiven) Partnereinkommens statt, um dadurch den Mindestabstand von 115 % zur Grundsicherung einzuhalten.

Aufgrund des Grundsatzes der haushaltsnahen Geltendmachung erhalten/erhielten ausschließlich diejenigen Beamtinnen und Beamten eine Nachzahlung für die Jahre, in denen eine (nachträglich festgestellte) verfassungswidrige Alimentation bestand, sofern sie ihre Ansprüche im jeweiligen Haushaltsjahr geltend gemacht bzw. in denen der Dienstherr auf eine wiederholte jährliche Antragsstellung/Widerspruchserhebung im jeweiligen Haushaltsjahr verzichtet hatte.

Ob die in den Ländern getroffenen Regelungen jeweils im Einzelnen, in jeder Besoldungsgruppe und Stufe und bei jeglicher Familiensituation den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur amtsangemessenen Alimentation in der Vergangenheit und auch im Jahr 2024 erfüllen, kann seitens des dbb bund aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltungen und der gewählten (neuen) Instrumentarien nicht mehr abschließend rechtlich beurteilt werden.

Daher stellt der dbb bund rein vorsorglich – wie auch in den vergangenen Jahren – uns ausschließlich als Service – einen Musterantrag/Widerspruch (siehe nachstehend) zur Verfügung. Damit ist keinerlei Aussage zu etwaigen Erfolgsaussichten bzw. zur Verfassungsmäßigkeit der getroffenen Regelungen oder ein Aufruf zur Rechtsmittelerhebung im Bereich der Länder und Kommunen verbunden. Den Mitgliedern wird es jedoch ermöglicht, eigenständig ihre Rechte bei ihren Dienstherren noch im laufenden Haushaltsjahr 2024 geltend zu machen.

Eine Rechtsschutzgewährung durch den dbb bund erfolgt – wie in den vergangenen Jahren – nicht. In diesem Musterantrag kann – sofern vorhanden – auf eventuell in den jeweiligen Ländern geführte Verfahren Bezug genommen bzw. der Antrag entsprechend ergänzt werden, da nach Kenntnis des dbb über 50 Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig sind, die die unterschiedlichsten Rechtskreise und Fallkonstellationen betreffen.

Mit kollegialen Grüßen

Olaf Wietschorke

 

 

Musterantrag/Widerspruch

Absender

 

An die

zuständige Bezügestelle (LBV etc.; Adressat je nach Dienstherr anpassen!)

                                                                                                                                 Datum

 

Personalnummer: …………………………………………………

Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

Beamtinnen und Beamte haben Anspruch auf Erhalt einer jeweils amtsangemessenen Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG.

Dazu hat das Bundesverfassungsgericht in grundlegenden und umfassenden Entscheidungen (vgl. nur Bundesverfassungsgericht, Zweiter Senat, Beschluss vom 17. November 2015 zur sog. A-Besoldung – Az.: 2 BvL 5/13) ausdrückliche und verbindliche Festlegungen getroffen. Diese Vorgaben hat es in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2020 (vgl. BVerfG 2 BvL 4/18) zur Besoldung von Richterinnen und Richter im Land Berlin ausdrücklich bestätigt, konkretisiert und die Berechnungsparameter präzisiert. Dabei wurde insbesondere das Abstandsgebot zum allgemeinen Grundsicherungsniveau als ein eigenständiger hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums hervorgehoben.

Den mit Art. 33 GG vorgegebenen und durch die Rechtsprechung ausgeschärften Vorgaben ist der Besoldungsgesetzgeber in [bitte Land angegeben] auch im Jahr 2024 nicht ausreichend nachgekommen.

Im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts gehe ich davon aus, dass die mir gewährte Besoldung nicht ausreichend ist, sodass ich gegen diese Widerspruch einlege und beantrage, mir eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren, die den in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2015 sowie aus dem Jahr 2020 aufgestellten Parametern und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.

Gleichzeitig bitte ich bis zur verfassungsgemäßen Umsetzung der Entscheidung durch den für meine Besoldung zuständigen Gesetzgeber meinen Antrag ruhen zu lassen, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten und mir dies entsprechend zu bestätigen.

Mit freundlichen Grüßen