Ein von uns vorbereitetes Gewaltschutzprogramm beinhaltet präventive Schutzmaßnahmen, Interventionen bei Gewaltanwendung und Nachsorge für Betroffene. Der Ansatz, Gewalt jeglicher Form gegenüber Bediensteten umfassend als solche anzuerkennen und konsequent zu bekämpfen, dringend erforderlich. Nun gilt es, den Paradigmenwechsel zur Null-Toleranz-Kultur in der Praxis umzusetzen.
Die zunehmende Gewaltbereitschaft gegenüber öffentlich Bediensteten nimmt leider immer stärker zu. Diese Entwicklung macht auch vor den Bediensteten im Land Bremen nicht halt. Die Spanne der Gewalt reicht von Beleidigungen, Anspucken, Anrempeln bis hin zu schwerer Körperverletzung. Vor wenigen Tagen forderte der dbb-Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen, Roland Staude, dass Tätern bei Angriffen auf Mitarbeitende des Öffentlichen Dienstes die Fahrerlaubnis entzogen wird (siehe WELT vom 20.07.2024). Auch aus Sicht unserer Sicht erscheint dies als nachvollziehbare und plausible Forderung. Denn wie kann bei jemandem, der im öffentlichen Raum übergriffig gegenüber Einsatzkräften von Sicherheitsbehörden, Rettungskräften oder Ersthelfern wird, noch von der charakterlichen Eignung zum Führen eines Fahrzeugs ausgegangen werden? Neben der Diskussion über härtere Strafen ist jedoch entscheidend, dass jedem Vorfall von Gewalt von Seiten des Dienstherrn und anschließend durch die Staatsanwaltschaften auch tatsächlich nachgegangen wird.
Zu der erschreckenden Zahl von mindestens 80.000 Einsatzkräften, die bundesweit im Jahr 2022 im Dienst angegriffen worden waren, kommen noch die vielen Angriffe auf Kollegen/-innen im Innendienst hinzu. Auch wenn die Zahl der im Bundesland Bremen gemeldeten Gewaltvorfälle im direkten Vergleich zur bundesweiten Statistik aller Einsatzkräfte noch gering ist, ist die Etablierung des Gewaltschutzprogramms in der Landesverwaltung zwingend erforderlich. Denn die Dunkelziffer bei Gewalt gegen Beschäftigte liegt bei rund 70 Prozent. Dies belegen entsprechende Studien.
Diese fatale Entwicklung ist aus Sicht des dbb landesbund bremen nicht akzeptabel.
Umfassender Gewaltbegriff zu Grunde gelegt
Es gibt unterschiedliche Definitionen von Gewalt. Aufgrund organisatorischer und zielbezogener Aspekte sollte man den Begriff Gewalt wie folgt definieren:
„Wir verstehen unter Gewalt gegen Beschäftigte jegliches von einer oder mehreren externen Personen gegen Beschäftigte in Bezug auf die dienstliche Tätigkeit oder gegen die Verwaltung als solches gerichtete Verhalten, um diesen einen physischen, psychischen, materiellen oder sozialen Schaden zuzufügen, insbesondere wenn es den Verdacht einer Straftat (wie z. B. der Beleidigung, Bedrohung, [versuchten] Körperverletzung, [versuchten] Tötung oder gegen die sexuelle Selbstbestimmung) begründet.“
Der Fokus liegt damit auf der Breite der Gewaltformen (physisch, psychisch, verbal), die von außen in die Verwaltung hereingetragen werden, ohne diese durch eine ausschließliche Fokussierung auf Straftaten einzugrenzen. Der dienstliche Bezug des relevanten Verhaltens erfordert dabei keinen unmittelbaren zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang zur tatsächlichen Dienstverrichtung, da dieser auch bei entsprechendem Verhalten gegenüber Beschäftigten außerhalb der Dienststelle oder der tatsächlichen Dienstausübung gegeben sein kann.
Eigentlich sollten alle Beschäftigten frei von Gewalt ihren Dienst verrichten können. Doch leider kommt es aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder zu Gewalt gegenüber unseren Kolleginnen und Kollegen. Selbst am Telefon kann es zu Gewalt in Form von Beleidigungen oder Bedrohungen kommen. Dabei ist es unerheblich, ob die Kolleginnen und Kollegen im Vollzugsbereich oder in einem reinen Innendienstbereich eingesetzt sind. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Beschäftigten im Vollzugsbereich eher mit gegen sie gerichteter Gewalt rechnen und in der Abwehr entsprechend geschult und ausgerüstet sind. Aber auch in Bereichen mit reinem Innendienst steigen die Gewaltvorfälle an. Häufig bleibt es bei Beleidigungen, aber auch physische Gewalt ist nicht auszuschließen.
Früher hörte man bei Beleidigungen oder Rempeleien, dass solche Vorgänge nicht angezeigt werden, da das zum Job gehöre und man das ertragen müsse. Mit einer Null-Toleranz-Erklärung würde an dieser Stelle ein entscheidender Paradigmenwechsel stattfinden. Die Kolleginnen und Kollegen werden für ihre Dienstverrichtung bezahlt. Dazu gehört aber nicht das Ertragen von Gewalt. Dieser Paradigmenwechsel muss dann in der Praxis ankommen und gelebt werden. Aus Sicht des dbb landesbund bremen muss jeder Angriff/bzw. jede Gewaltanwendung gemeldet und dann auch angezeigt werden. Nur so entsteht nicht der Eindruck, dass Gewalt gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur ein „erlaubtes Kavaliersdelikt“ sei.
Am 2. August werden wir dieses im Rahmen eines Austausches mit Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte ansprechen und am 30. August im Gespräch mit Staatsrat Olaf Bull ein entsprechendes Gewaltschutzkonzept vorlegen. Erste Kontakte gibt es auch im Bereich der im Landtag vertretenden Parteien.
Wir werden weiter berichten!